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Elektrizität die unterschätze Brandgefahr

Der elektrische Strom arbeitet für uns unsichtbar, geruchlos und annähernd geräuschlos. Dies ist einer der Hauptgründe, warum die Gefahren, die vom elektrischen Strom ausgehen immer wieder unterschätzt werden. Statistisch betrachtet ist Elektrizität in 30 % aller untersuchten Brandereignisse von 2002 bis 2023 als Brandursache ausgemacht worden. Eine gewisse Unsicherheit resultiert aus der Tatsache, dass man nach einem Brand nicht immer genau sagen kann, ob die elektrische Anlage die primäre Ursache oder lediglich indirekt beteiligt war. Oft heißt es lediglich, dass der Brand durch „einen technischen Defekt“ ausgelöst wurde. Offen bleibt dabei, welche technischen Anlagen und Einrichtungen hierbei eine Rolle gespielt haben.

Die Häufigkeit der Brandursache resultierend aus Elektrizität zeigt, wie essentiell wiederkehrende Prüfungen an elektrischen Anlagen und Geräten sind, um Schäden, sei es ein Ausfall oder ein Brandereignis, zu vermeiden. Die gesetzliche, behördliche sowie normative Verpflichtung zur Überprüfung der elektrischen Anlagen und Geräte zielt überwiegend auf den Personenschutz (Schutz gegen elektrischen Schlag) ab. Um dem Sach- und Brandschutz Rechnung zu tragen, ist die Prüfung der elektrischen Anlagen gemäß „Klausel SK 3602“ integraler Bestandteil Ihres Versicherungsvertrages.

Über die gesetzlichen, behördlichen sowie normative Prüfungen hinausgehend, sind die Besonderheiten bei Prüfungen nach „Klausel SK 3602“ unter anderem folgende Punkte, die den Sach- und Brandschutz betonen:

  • Bewertung der Mess-Ergebnisse von Personenschutzprüfungen aus Sicht der Sach- und Brandschadenverhütung.
  • Einbeziehung des baulichen Brandschutzes (vor allem, wenn dieser in Zusammenhang mit der elektrischen Anlage steht).
  • Messungen, die in Normen nicht gefordert sind, wie Neutralleiterstrommessungen und Messung von Strömen auf Schutz- und Potentialausgleichsleitern.
  • Durchführung von thermografischen Messungen.

Konsequenzen bei Nichteinhaltung

Werden vertragliche Verpflichtungen nicht umgesetzt, berechtigt dieser Umstand uns als Versicherer zur Kündigung. Wenn der Schaden eintritt sind wir gegebenenfalls komplett oder teilweise leistungsfrei. Darüber hinaus ist die Überprüfung der elektrischen Anlagen und Geräte gemäß der „Klausel SK 3602“ im Sinne des Versicherungsnehmers hervorragend dazu geeignet, längere Stillstandzeiten zu vermeiden. Ausfälle aufgrund von Bauteilversagen oder Alterung können rechtzeitig erkannt und behoben werden können.

Die Prüfung elektrischer Anlagen nach „Klausel SK 3602“ entbindet nicht von der Prüfpflicht aufgrund anderer Normen, technischer Regelwerke, Verordnungen oder Gesetze.

Qualifikation des Prüfenden

Zur Prüfung berechtigt sind unabhängige, vom VdS anerkannten Sachverständige. Um die Qualität der Prüfung nach „Klausel SK 3602“ zu gewährleisten, muss der Elektrosachverständige vor der Anerkennung gewisse Voraussetzungen gemäß VdS 2228 „Sachverständigen zum Prüfen elektrischer Anlagen“ erfüllen. Hierrunter zählen unter andrem:

  • Objektivität und Unabhängigkeit
  • Studium der Elektrotechnik oder öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger
  • Fünfjährige praktische Tätigkeit auf dem Fachgebiet der Elektrotechnik oder Teilnahme an 100 Revisionen nach „Klausel SK 3602“
  • Zugriff auf notwendige Messinstrumente und Normen
  • Nachweis der Qualifikation durch eine Prüfung

Der Anerkennungszeitraum beträgt 4 Jahre. In diesem Zeitraum muss der Elektrosachverständige an mindestens zwei Fortbildungen vom VdS teilnehmen und jährlich 5 Prüfberichte zur Kontrolle an die Zertifizierungsstelle vom VdS senden. Somit ist die Qualität der Prüfung auch nach der Erstanerkennung gewährleistet.

Wie finde ich den richtigen Sachverständigen?

Der VdS führt auf seiner Homepage unter der Rubrik „Verzeichnisse“ ein Verzeichnis aller anerkannten „Sachverständigen zum Prüfen elektrischer Anlagen“ in Deutschland.

Prüfung nach „Klausel SK 3602“

Die Prüfung hat gemäß VdS 2871 „Prüfrichtlinien nach Klausel SK 3602“ zu erfolgen. Der Prüfumfang umfasst die gesamte elektrische Anlage innerhalb des gesamten versicherten Umfangs. Um eine Aussage über den ordnungsgemäßen Zustand der elektrischen Anlage zu treffen, müssen alle relevanten Teile der elektrischen Anlage besichtigt werden. Also von der möglicherweise vorhandenen Mittelspannungseinspeisung bis zur Steckdose oder dem Anschlusspunkt der Geräte bzw. Verbrauchsmittel im Niederspannungsbereich.
Die Prüfung umfasst:

  • Besichtigung
  • Messung
  • Funktionsprüfungen
  • Ordnungsprüfung
  • Dokumentation

Besichtigung

Um den geforderten „ordnungsgemäßen Zustand“ einer elektrischen Anlage wirklich beurteilen zu können, wird eine Sichtprüfung durchgeführt. Dabei schließt das „Besichtigen“ das Hinschauen, das Hinhören und gegebenenfalls auch das Riechen mit ein. Werden Anlagenteile oder Anlagenbereiche nicht besichtigt, kann in der Regel keine Aussage darüber getroffen werden, ob durch die Besichtigung wirklich der ordnungsgemäße Zustand der gesamten Anlage ermittelt werden kann. Nicht besichtigte Anlagenteile darf es eigentlich nicht geben. Ansonsten sind diese Mängel in der Prüfdokumentation ausdrücklich zu erwähnen.

Detailbesichtigungen, Messungen und Erprobungen werden dort durchgeführt, wo es der Prüfer aufgrund der vorausgegangenen Sichtprüfung für notwendig hält. Zusätzlicher Prüfaufwand muss dort betrieben werden, wo der Prüfer bei der zuvor erwähnten Sichtprüfung feststellt, dass zu einer abschließenden Bewertung der Gesamtanlage weitere Information benötigt werden.

Insbesondere müssen die nachfolgend aufgeführten Anlagenteile und Maßnahmen, soweit vorhanden, untersucht werden:

  • Trafostation einschließlich Mittelspannungs-Schaltanlage
  • Schaltanlagen und Verteiler
  • elektrische Installation von Maschinen
  • Kabel- und Leitungsanlage von der Einspeisung bis zum jeweiligen Verbraucher
  • Beleuchtungsanlage
  • Maßnahmen der Erdung und des Potentialausgleichs
  • Überspannungsschutz
  • Ortsveränderliche Betriebsmittel, soweit diese bei der Prüfung vorgefunden werden
  • Photovoltaikanlage

Messung

Die Messergebnisse von vorausgegangenen, gesetzlich oder behördlich vorgeschriebenen Prüfungen (z.B. nach DGUV Vorschrift 3) dürfen berücksichtigt werden, sofern die dabei angefertigten Protokolle hierfür geeignet sind. Diese Prüfungen sind regelmäßig durchzuführen. Hiervon betroffen sind die Messung des Isolationswiderstands, Schleifenwiderstands, der Durchgängigkeit des Schutzleiters sowie der Fehlerstrom-Schutzeinrichtung. Die Messergebnisse sind zu bewerten und durch stichprobenartige Kontrollmessungen zu überprüfen.

Darüber hinaus werden weitere brandschutztechnisch relevante Messungen wie die Neutralleiterstrommessung in Verteilerstromkreisen und die Schutzleiterstrommessung durchgeführt.

Die Temperaturmessung mittels Wärmebildkamera wird in VDE-Normen (DIN VDE 0100-600 bzw. DIN VDE 0105-100) nicht gefordert, ist aber bei einer brandschutztechnischen Prüfung unerlässlich.

Bei der thermografischen Untersuchung werden unteranderem folgende Anlagenteile betrachtet:

  • Anschlussbereiche und Kontakte der NH-Sicherungslasttrennschalter bzw. NH-Sicherungselemente,
  • Klemmvorrichtungen bzw. Klemmleisten in Verteilungen sowie Schalt- und Steuerverteilern,
  • Anschlussbereiche und wenn möglich Kontakte von Sammelschienen, Schützen, Kondensatoren usw.,
  • Anschlussbereiche und Oberflächen von Transformatoren, Konverter und Motoren,
  • Energiekabel bzw. Kabelbündel,
  • Oberflächen von Betriebsmitteln, bei denen eine gefahrdrohende Erwärmung vermutet werden kann.

Funktionsprüfungen

Der Sachverständige entscheidet nach Rücksprache mit dem Betreiber, welche Anlagenteile bzw. Einrichtungen zwingend geprüft werden müssen. Bei der brandschutztechnischen Prüfung sind hier in erster Linie solche Einrichtungen gemeint, die im direkten Zusammenhang mit der Sach- und Brandschadenverhütung stehen. Können diese Einrichtungen laut Betreiber nicht geprüft werden oder ist nicht in Erfahrung zu bringen, ob sie sonst einer regelmäßigen Überprüfung unterzogen wurden, ist dies zu dokumentieren.

Ordnungsprüfung

Bei der Ordnungsprüfung handelt es sich um die Sichtung der beispielsweise vorliegenden Prüf-/Wartungsbücher und Protokolle über durchgeführte Prüfungen an der elektrischen Anlage. Der Versicherungsnehmer hat dabei durch die Vorlage geeigneter Aufzeichnungen nachzuweisen, dass er die ortsfesten elektrischen Anlagen und ortsveränderlichen bzw. nicht ortsfesten elektrischen Betriebsmittel regelmäßigen Prüfungen unterzieht.

Dokumentation

Die Dokumentation der Prüfung nach „Klausel SK 3602“ erfolgt ausschließlich mit dem Befundschein gemäß VdS 2229 in der jeweils aktuellen Fassung. Der Befundschein ist vollständig auszufüllen. Diese Vorgabe ist essentiell, damit diese Prüfdokumentation beim Versicherer auch verstanden und korrekt bewertet werden kann. Hier geht es vor allem um eine einheitliche vom Versicherer festgelegte Dokumentation.

Wie geht es weiter?

Der Sachverständige stellt dem Versicherungsnehmer einen Befundschein aus und nimmt eine Bewertung des Anlagenzustandes vor. Dokumentierte Mängel sind, sofern von diesen keine Brand- oder Unfallgefahr ausgehen, innerhalb der vom Sachverständigen genannten Frist zu beseitigen. Mängel, die eine Brand- (X-Mangel) oder Unfallgefahr (O-Mangel) hervorrufen, sind hingegen unverzüglich zu beseitigen.

Bescheinigt der Sachverständige eine Mängelfreiheit der elektrischen Anlage, so kann bei dem Versicherer ein Antrag auf Verlängerung des Prüfintervalls gestellt werden (bei Recycling nicht möglich). Ob sich die Möglichkeit ergibt, entnehmen Sie Ihrem Versicherungsvertrag.

Weitere Informationen?

VdS 2871 – Prüfrichtlinien nach Klausel 3602, Hinweise für den anerkannten Elektrosachverständigen
VdS 2228 – VdS-Richtlinien für die Anerkennung von Sachverständigen zum Prüfen elektrischer Anlagen
VdS 2229 – Befundschein über die Prüfung elektrischer Anlagen gemäß Vorgaben der Sachversicherer nach den Prüfrichtlinien VdS 2871 durch VdS-anerkannte Sachverständige
VdS 3447 – Merkblatt über die Prüfung elektrischer Anlagen gemäß Klausel 3602
VDE-Schriftenreihe 173 – Brandschutztechnische Bewertung und Prüfung elektrischer Anlage